Am Kreuzweg:
Was geschieht mit den Angehörigen?
Das ist das, worauf es ankommt, dass wir lernen zu empfinden: Derjenige, der durch die Pforte des Todes gegangen ist, hat nur eine andere Lebensform angenommen und steht unserem Fühlen nach dem Tode so gegenüber, wie jemand, der eben durch die Ereignisse des Lebens in ein fernes Land hat ziehen müssen, in das wir ihm erst später nachfolgen können; so dass wir nichts zu ertragen haben als eine Zeit der Trennung.
(Aus "Das Geheimnis des Todes", GA 159/160, Vortrag gehalten in Düsseldorf am 17.6.1913)

Die Aufbahrung gibt den Angehörigen die Möglichkeit, dem geliebten Menschen ein letztes Geleit zu geben. Diese außergewöhnliche Zeit, immer noch geprägt von dem Gefühl der Zeit- und Raumlosigkeit, erlaubt ihnen, mit ihren Gedanken den Weg des Verstorbenen zu begleiten, so wie wenn er auf eine lange Reise aufgebrochen wäre. Und doch kann er nun überall gleichzeitig sein: Vom Punkt ist er zur Peripherie geworden.

Rudolf Steiner beschreibt diesen Zustand folgendermaßen:
Die Toten sind ja fortwährend da…. Wir sind nicht von ihnen getrennt durch unsere Realität, wir sind von ihnen nur getrennt durch den Bewußtseinszustand. Wir sind nicht anders von den Toten getrennt, als wir im Schlafe getrennt sind von den Dingen um uns herum: Wir schlafen in einem Raume, und wir sehen nicht Stühle,… die in dem Raume sind, trotzdem sie da sind. Wir schlafen im sogenannten Wachzustande mit Bezug auf Gefühl und Willen mitten unter den sogenannten Toten… geradeso wie wir die physischen Gegenstände nicht wahrnehmen, die um uns herum sind, wenn wir schlafen. Wir leben also nicht getrennt von der Welt, in der die Kräfte der Toten walten; wir sind mit den Toten in einer gemeinsamen Welt.
(Aus "Erdensterben und Weltenleben", GA 181, Vortrag gehalten in Berlin am 5.2.1918)

Gewiß es ist begreiflich, wenn wir unsere Toten beweinen, aber wenn wir über das Weinen nicht hinauskommen können, so bedeutet das doch einen Zweifel an der waltenden Weisheit der Welt, und der, welcher
hineinschauen kann in die geistigen Welten, weiß, dass der Wunsch, der Tote möge nicht gestorben sein, er möchte da sein und nicht in der geistigen Welt, den Toten am meisten beirrt. Wir erleichtern dem Toten ungeheuer sein Leben nach dem Tode, wenn wir es zuwege bringen, wirklich uns in unser Schicksal zu fügen und an den Toten so zu denken, dass wir wissen, die waltende Weisheit hat ihn uns in der rechten Stunde nehmen wollen, weil sie ihn auf anderen Gebieten des Daseins  braucht, als hier das Erdendasein ist.
(Aus "Unsere Toten", GA 261, Vortrag gehalten in Kassel am 9. Mai, 1914)